Corona Lockdown: Die 5 nervigsten Livestreams und was wir daraus lernen können

Warum wir der Öffnung der Tagungshotellerie schon entgegen fiebern

In zwei Tagen ist es so weit: Am 29. Mai öffnen die Hotels wieder für private Gäste, auch Seminare und Tagungen bis zu 100 Personen sind erlaubt. Damit können wieder Weiterbildungsveranstaltungen „in echt“ stattfinden. Ein Anlass für uns, auf die zahllosen Livestreams, Videotalks und Webinare der vergangenen Wochen zurückzublicken.

Eines gleich vorweg: Ich, die Autorin dieses Beitrags, habe von virtuellen Meetings erst einmal genug. Zum einen, weil selbst beim besten und authentischsten Livestream – und solche gab es auch – eines fehlte: die menschliche Begegnung. Zum zweiten aber, weil beim größeren Teil der Angebote Grundregeln der Kommunikation, wie sie in jedem analogen Seminar gang und gäbe sind, nicht eingehalten wurden. Dass der Umgang mit der Technologie und die Kapazität der Netze noch nicht so weit fortgeschritten sind, wie wir es alle gern hätten, kam erschwerend hinzu.

Da man aus Fehlern lernen kann, hier die fünf nervigsten Livestreams der letzten Wochen – selbstverständlich, ohne Veranstalter und handelnde Personen namentlich zu nennen.

Platz 5: Räusper, räusper und studier (nämlich den Hintergrund)

Mit diesem Titel fasse ich zusammen, was mir von diesem Webinar in Erinnerung geblieben ist. Die Vortragende saß offenbar in ihrem Homeoffice, das mehr Home als Office war, anhand des riesigen Schranks und zahlreichen Tands im Hintergrund leicht zu erraten. Das lenkte mich ziemlich ab und ich konnte mich nur schwer auf die präsentierten Inhalte konzentrieren.

Noch nerviger aber war das ständige Räuspern der Vortragenden. Ich habe mit ihr mitgelitten, mit meiner Konzentration war es endgültig vorbei. Und eines muss ich schon sagen: Es gibt Techniken, um räuspern zu vermeiden. Die sollten Vortragende eigentlich kennen – oder sich aneignen, bevor sie eine Bühne betreten, egal ob real oder virtuell.

Learning: Von Vortragenden erwartet das Publikum eine gewisse Professionalität. Das gilt auch für´s Web.

Platz 4: Fünf Männer unter sich – geht gar nicht

Dieser Online Talk war wirklich spannend und die Statements höchst fundiert. Es ging um Tourismus in Zeiten von Corona. Jeder einzelne Experte hatte etwas zu sagen. Trotzdem: Fünf Männer und keine einzige Frau am Podium geht analog eigentlich nicht mehr, warum sollte es dann digital noch comme il faut sein?

Zudem kann mir niemand erzählen, dass es unter Österreichs Touristikerinnen keine einzige Expertin gibt, die sich in dieser Runde hätte äußern können und wollen.

Learning: Mann hätte Frau ja fragen können.

Platz 3: Die Tücken der Technik

247 zoom

Die Tücken der Technik machen auch vor Profis nicht halt. So geschehen in einem Livestream mit einem wirklich versierten Gastgeber und einer Top-Referentin. Doch die Zusehenden wurden schon zu Beginn auf eine harte Probe gestellt: Unter dem angegebenen Link tat sich zur angegebenen Zeit genau nichts am Bildschirm. Das einzige, was es zu sehen gab, waren verzweifelte Postings nach dem Motto „Bei mir tut sich nichts, wie ist es bei euch?“

Leider kam dazu keinerlei Information seitens des Veranstalters. Dann endlich begann die Übertragung, hing sich aber alle 30 Sekunden wieder auf. Da die Referentin so sprühend war, folgte ich dem Vortrag dennoch bis zum Schluss. Aber es war schon sehr nervig.

Learning: Übertragungskapazität prüfen, bevor ich eine - offenbar zu große – Zahl an Teilnehmden zulasse.

Platz 2: Thema verfehlt

Auch bei diesem Online-Talk lief die Technik nicht reibungslos. Doch was in dem Fall viel schlimmer war: Die Diskussion wurde unter einem bestimmten Thema angekündigt, diskutiert wurde aber über etwas ganz anderes. Grob gesprochen: Anstatt um EPU und KMU in der Coronakrise ging es um Eurobonds. Und genau dahingehend wurden auch Fragen aus dem Chat beantwortet, andere wurden ignoriert.

Learning: Das könnten Sie sich bei einer analogen Diskussion nicht erlauben. Warum dann digital?

Platz 1: Aus vier mach zwei

Auch in diesem Online-Format ging es um Tourismus. Mit zwei Frauen und zwei Männern am virtuellen Podium passte die Quote perfekt. Allerdings fand der Talk nur zwischen zwei der auf dem Bildschirm zu sehenden Personen statt: zwischen der Moderatorin und einem ihrer Gäste. Den zweiten Gast ignorierte sie geflissentlich. Die zweite Frau im Bunde war wiederum die Gastgeberin, die aber nicht an der Diskussion teilnahm.

Irgendwie eine merkwürdige Konstellation, die auch inhaltlich nicht die Erwartungshaltung der Zusehenden traf. Aus den zahlreichen enttäuschten Kommentaren ging dies deutlich hervor.

Learning: Auch moderieren will gelernt sein. Ein Online-Talk ist kein Privatissimum.

Darum freue ich mich schon auf „echte“ Bildungs- und Diskussionsveranstaltungen:

  • weil der Hintergrund allermeistens besser ist als der in einem Wohnzimmer;
  • weil für die Vortragenden immer ein Glas Wasser bereitsteht, mit dem sie den Frosch im Hals hinunterschlucken können;
  • weil ich bei einem verspäteten Beginn nicht allein und ratlos vor dem Bildschirm sitze, sondern mit anderen im Publikum, mit denen ich mich klug austauschen – oder wahlweise – meckern kann;
  • weil bei einer Verspätung ein Mensch auf die Bühne kommt und noch um etwas Geduld bittet;
  • weil, selbst wenn die Technologie versagt, Menschen auf der Bühne stehen, die allermeistens improvisieren können;
  • weil ich mich per Handzeichen zu Wort melden kann und damit nicht so leicht ignoriert werden kann wie bei einer Fragestellung im Chat;
  • weil ich dann auch gnadenlos Antworten zum Thema einfordere, zu dem man mich eingeladen hat;
  • weil ich meine Frage an den oder die richten kann, die gegebenenfalls in der Diskussion zu kurz gekommen ist;
  • weil ich, wenn ausschließlich Männer am Podium sitzen, mich als Expertin zumindest im Publikum sichtbar machen kann;
  • und weil ich damit oft auch erreiche, dass andere Expertinnen meinem Beispiel folgen.

Es gibt, wie schon eingangs gesagt, auch sehr gelungene Livestreams. Und wenn es die Situation erforderlich macht, ist es auf jeden Fall besser, digital zu talken als gar nicht. Da uns Online-Meetings zweifellos auch in Zukunft begleiten werden, ist es gescheit, sich jetzt das nötige Rüstzeug zu holen. Damit ich in meinem nächsten Ranking nicht über die fünf nervigsten, sondern über die fünf gelungensten Livestreams berichten kann.

Online-Meetings MERKwürdig gestalten

Monika Keil, Expertin für MERKwürdiges, hat mich mit ihrem mehrteiligen Webinar über „Online-Meetings“ durch die Coronakrise begleitet. Auf vielfachen Wunsch gibt es ab 26. Juni 2020 eine Neuauflage. Am besten, Sie melden sich jetzt gleich an.

Sollte Ihnen der Sinn nun aber doch nach einem echten Zusammentreffen stehen, so können Sie dies in Monika Keils Viakanta im Südburgenland tun. Oder Sie nutzen das kostenlose Fairmittlungsservice der RTK Round Table Konferenzhotels mit 140 Partnerbetrieben österreichweit.

Sie können mir gern auch persönlich eine Nachricht schicken, wenn Sie Fragen oder Anregungen haben.

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Titelbild: Margarita Misheva